Harry Gruyaert, Essaouira, Marokko, 1976

Monografischer Saaltext zur Ausstellung ›In our Time. Magnum 1947–1987‹, WestLicht. Schauplatz für Fotografie, Wien, 7.12.2012–10.2.2013 https://www.westlicht.com/westlicht/de/programm/archiv/2012/magnum

HARRY GRUYAERT, Essaouira, Marokko, 1976. Dye Transfer Print, 45 x 68 cm, aus dem Ausstellungsset ›In our Time‹. Courtesy: Fotosammlung OstLicht, Inv. 57-01469

Als Sohn eines Geavert-Mitarbeiters wuchs der Belgier Harry Gruyaert (geb. 1941) umgeben von Film- und Fotomaterial auf. Er begann seine Karriere als Modefotograf in Paris, widmete sich jedoch schon bald Reisereportagen. Für seine Aufnahmen in Marokko erhielt er 1976 den Kodak Prize. Dabei ist jedes seiner Bilder eine verblüffende Kombination aus nuancierter Farbkomposition und komplex organisierter Bildstruktur. Es gibt immer offene Fragen, Bildbereiche, die im Verborgenen bleiben oder räumliche Verhältnisse, die nicht vollständig lesbar sind. Das im vorwiegend muslimischen Marokko virulente Motiv verschleierter Frauen fügt sich einschlägig in diese Bildwelt Gruyaerts. Über die Farbe – beziehungsweise deren Nichtvorhandensein im Schwarzweiß – wird die Gegenüberstellung von Jung und Alt im Falle dieses Bildes auch metaphorisch formuliert. Die steile Verkürzung der fluchtenden Wand verbindet die beiden Frauen und erscheint als eine grafische Symbolisierung des Lebenswegs, in dem die Jahre mit zunehmendem Alter rascher vorüberziehen.

Lit.: W. Manchester (Hg.), In our Time. The world as seen by Magnum photographers, London 1989, S. 250.