Zupass. Martha Hübl fotografiert Friedl Kubelka mit Passstücken von Franz West, 1977

Katalogtext zur Ausstellung im Museum auf Abruf (MUSA), Wien, 13.3.–7.6.2008. Publiziert in: MATRIX. Geschlechter | Verhältnisse | Revisionen, hg. v. Sabine Mostegl und Gudrun Ratzinger für Kulturabteilung der Stadt Wien, mit Texten Ders. sowie Griselda Pollock, Rozsika Parker, Anja Zimmermann, Andrea Hubin, Marie Röbl, Friedrich Tietjen, Frauke Kreutler et al. (Dt./Engl.), Wien: Springer Verlag 2008, S. 144

FRIEDL KUBELKA, Friedl Kubelka mit Passstücken von Franz West, fotografiert von Martha Hübl, ca. 1977. C-Prints, je 15 x 10 cm. Courtesy: Museum auf Abruf (MUSA), Wien

Die beiden Farbfotos, die die Wiener Fotokünstlerin Friedl Kubelka (geb. 1946) mit bikini-artigen ›Passstücken‹ posierend zeigen, dokumentieren künstlerisch-fotografische Praxis der siebziger Jahre gewissermaßen von ihren (auch abweichenden) Rändern her. Der Impuls dafür ging von Franz West aus, der seine Arbeiten häufig von Kubelka fotografieren ließ. Wie viele andere Fotografien von Personen, die mit Wests ›Passstücken‹ zugange sind um Beispiele ihrer Handhabung zu geben, entstanden auch diese Aufnahmen nicht nach einem strengen Konzept, sondern aus ›der Situation heraus‹.

Die Rollen von Poseur-, Akteur- oder FotografInnen waren mitunter austauschbar und auch West selbst beteiligte sich eher an den Aktionen als der Regisseur organisierter Fotoinszenierungen zu sein. Umgekehrt fungierte West auch als Protagonist für die konzeptuellen Porträtserien der befreundeten FotografInnen, neben Kubelka etwa auch Cora Pongracz. Im Falle der vorliegenden Aufnahmen hatte man ursprünglich so begonnen, dass Friedl Kubelka hinter der Kamera stand und ihre Klassenkollegin aus der Grafischen Bundes-, Lehr- und Versuchsanstalt, Martha Hübl, posierte.

Aus verschiedenen Gründen kam es (bislang) nie zu einer Veröffentlichung dieser Abzüge, die theoretisch drei verschiedenen Œuvres zuzuordnen wären. Immerhin dokumentieren sie heute verschollene Arbeiten von Franz West, auch wenn diese ›materialisierten neurotischen Symptome‹ hier nicht in der Beiläufigkeit benutzt werden, die man in vergleichbaren Fotos findet. Auch bieten diese Fotos kaum Aufschluss über die Arbeit der Architekturfotografin Martha Hübl.

Mit Blick auf Friedl Kubelkas Fotokunst wird anhand dieser Aufnahmen deutlich, wie völlig anders sie sich in ihren eigenen Arbeiten präsentiert: Sie hatte sich in den frühen 1970er Jahren mehrfach als ›Pin-up‹ in verschiedenen Posen und Dessous im Spiegel aufgenommen, wobei die Kamera ihr Gesicht verdeckt – ein narzisstisches Setting, das die herkömmliche Macht- bzw. Blickbeziehung zwischen Fotograf und Aktmodell mehrfach bricht.