Szenario. Erzählerisches, Filmisches, Theatralisches in der österreichischen Fotografie der Gegenwart

Publiziert in: Simultan. Zwei Sammlungen österreichischer Fotografie, hg. von Agnes Husslein-Arco und Urs Stahel, Museum der Moderne Salzburg, Wien: Christian Brandstätter Verlag 2005, S. 250–255; Katalog zur Ausstellung im Museum der Moderne Salzburg, 15.10.2005–15.1.2006

SIMULTAN. Zwei Sammlungen österreichischer Fotografie, hg. von Agnes Husslein-Arco und Urs Stahel, Museum der Moderne Salzburg, mit Texten von Monika Faber, Martin Hochleitner, Ruth Horak, Hubert Klocker, Marc Ries, Marie Röbl, Urs Stahel und Margit Zuckriegl, Wien: Christian Brandstätter Verlag 2005 (Deutsch/Englisch, Hardcover 28,5 x 24,5 cm, 384 Seiten, 443 Abb., ISBN 3-902510-20-X)

Dieser Text widmet sich einer Gruppe von fotokünstlerischen Arbeiten, die verschiedene Möglichkeiten von sogenannter inszenierter Fotografie in Tableau-Form oder anderen Formen von fotografischem Erzählen in Bildsequenzen oder -konstellationen nutzen. Dem eigentlichen fotografischen Akt geht dabei die Konzeption und Ausarbeitung eines Settings, eines Themas sowie von Figuren voraus und es gibt ein darstellerisches, wenn man so will theatralisches, Moment in diesen Fotografien. Die meisten der besprochenen FotografInnen nehmen selbst die Rolle der/des alleinigen Darstellenden ein. Auch wenn es also Überschneidungen mit dem Kapitel ›Identität‹ geben kann, ist Selbstdarstellung hier durchwegs kein primäres Thema; suchte man – in der Vielfalt an inhaltlichen Interessen – nach einem gemeinsamen Genre bzw. Motiv, dann könnte es die Reise sein, die sich in vielen Œuvres (in unterschiedlicher Funktion) wiederfindet.

Anhand des Begriffs ›Szenario‹ lassen sich wesentliche Prinzipien dieser Arbeiten erläutern. In der Vielzahl seiner Bedeutungen manifestieren sich zwei Stränge: Zum einen bezeichnete Szenario ursprünglich (in der Commedia dell’Arte) den skizzierten Handlungsablauf eines Theaterstückes, und in vielen zeitgenössischen Verwendungen versteht man darunter eine hypothetische Aufeinanderfolge von Ereignissen, die zur Beachtung kausaler Zusammenhänge konstruiert wird;1 zentral erscheint also der prozessuale, handlungsorientierte Charakter des im Szenario Erfassten. Andererseits meinte Szenario seit dem 18. Jahrhundert auch ein Verzeichnis der auftretenden Personen, der Requisiten, Dekorationen, Geräusche jeder Szene, während man heutzutage ein Zukunftsmodell, einen Schauplatz, ein Ambiente oder ein vorstellbares Bild ebenso Szenario nennt – also eine eher statisch zu sehende Einheit, bei der es vor allem auf die Spezifik einer Konstellation ankommt.

In der Polarität von modellhafter performativer Handlung und registrierender Fixierung, in der sich das lexikalische Bedeutungsfeld des Szenario entfaltet, siedelt narrative Fotografie mit ihrem appellativen Anspruch an den Betrachter, die fotografisch gegebene Darstellung weiterzuspinnen. Verschiedene Konzepte von ›Bild-Erweiterungen‹ entsprechen dieser imaginären Ausdehnung strukturell: Es finden sich Bildsequenzen in linearer oder chronologischer Abfolge (in gebundener Form bei Micheli; als Nachvollzug einer Bewegungsrichtung bei Pongracz; in periodischer bzw. kalendarischer Folge bei Farassat und Die Damen), in nichtlinearer bzw. assoziativer Konstellation (bei Dressler; als Kategorien bei Leitners Büchern) oder Bilderfolgen als exemplarische Variationen eines Themas, die eine potenzielle Fortsetzung suggerieren (Gelatin, Wurm). Demgegenüber eignen dem fotografischen (Einzel-)Bild als Szenario andere Möglichkeiten – zunächst etwa die Bandbreite von erzählerischen Qualitäten, wie sie bereits die Geschichte der Malerei erarbeitete (Brückl/Schmoll; Micheli; Collage: Rukschcio). Doch gibt es auch eminent fotografische Optionen für das gesprächige Einzelbild. So liefert das Genre der Tableaux vivants mit seiner Übersetzung in fotografische Repräsentation eine Fülle von Anknüpfungspunkten, speziell für theatralische Effekte und Posen.2 Erwähnenswert sind auch die Momentaufnahme mit ihren spektakulären Möglichkeiten, ein Ereignis so festzuhalten, dass sich die Vorstellung seines weiteren Verlaufes zwingend aufdrängt (Gelatin) oder die Arbeit mit Textinserts, die Prinzipien der Werbefotografie und ihrer Slogans aufgreift, um evokativer schildern zu können (Farassat, Die Damen).
 

Eine charakteristische narrative Erweiterungsmöglichkeit des fotografischen Bildes hängt allerdings noch grundlegender mit den gezeigten Arbeiten bzw. dem daraus entwickelten Szenario-Begriff zusammen. Das elementar fotografische Paradigma der Ausschnittswahl, das Herausnehmen einer Bildeinheit aus dem Wirklichkeitskontinuum, zeitigt ein Bild, das in der spezifischen Konstellation seiner Elemente gemeinhin einzigartig – und ein Szenario par excellence (im Sinne des zweiten Bedeutungsstranges) – genannt werden kann; auch – und gerade – wenn dieses Arrangement nicht als rein inszenierte Fotografie im Studio gebaut wurde.3 Dies verdeutlicht etwa die Werkgruppe ›Arkadien‹ von Rainer Iglar, die vorwiegend ohne Staffage auskommt und damit gleichsam pure Szenarien zeigt (wenn auch nach dem Abgang der Figuren und nicht vor Beginn eines Spiels!). Die von Iglar auf seinen Amerikareisen in den frühen 90er Jahren gefundenen künstlichen Naturen (Gartenlandschaften, eine Indianerdorf-Nachstellung, ein Tiger in künstlicher Ruine...) erscheinen, besonders in der durch Kunstlicht übersteigerten Farbigkeit in Nachtaufnahmen, wie Settings. Damit wird auch der ›Konstruktcharakter fotografischer Wahrnehmungsmöglichkeiten bloß gelegt‹.4

RAINER IGLAR, Aus der Serie ›Arkadien‹, 1989–1990. Farbfotografie, 40 x 60 cm, MdM, Kat. S. 218

Viele der hier versammelten Aufnahmen entstanden in gegebenen (nicht inszenierten) Räumen, womit eine Menge ortsgebunden Spezifisches, Kontingentes, im Ausschnitt nur Fragmentarisches ins Bild kommt – eine potenzielle Unabgeschlossenheit, die einer imaginären Verselbständigung Vorschub leistet. Durch bewusste Setzungen, wie Posen oder Inszenierungen innerhalb eines kontingenten fotografischen Szenarios wird die Suche nach Indizien (etwa zur Konstruktion einer Geschichte) auf eine spezifische, vielleicht unberechenbare Weise angeregt. Aber auch in Foto-Tableaus, in denen Akteure posieren, kann sich durch das Hervortreten des Individuellen ein Fenster in der Inszenierung öffnen, in dem das Szenario in seiner Redseligkeit zur Geltung kommt.5 Das fotografische – im Unterschied zum fotografierten – Szenario verschränkt jedenfalls Künstlichkeit und Natürlichkeit, ohne zwischen Findung und Erfindung zu unterscheiden. Die hier besprochenen FotografInnen schöpfen Potenzial für ihre Geschichten aus dieser fotografischen Nivellierung bzw. Aufhebung eines Gegensatzes zwischen Inszenierung (Fiktion) und Dokument (Realem), oder anders gesagt: aus ihrem Bewusstsein über die Kodiertheit von Authentizität sowie über die Wahrheit der Darstellung.

PAUL ALBERT LEITNER, Aus der Serie ›Exkurs über das Reisen‹, 1991, Prints 1995. Farbfotografien, je 28,5 x 19 cm, MdM, Kat. S. 215

Für die skizzierte Auffassung eines Szenarios ist die fotografische Arbeit von Paul Albert Leitner beispielgebend: Er begann seine Karriere mit inszenierter Fotografie, die mittels Collage, Übermalung, Spiegelung, Projektion und Schattenspiel vor allem einer ›Erkenntnissuche des eigenen Selbst‹ gewidmet war.6 Mittlerweile arbeitet Leitner allerdings praktisch ausschließlich in straight photography, wobei er sich der – durch seine vielen weltumspannenden Interessen ständig anwachsenden – Bilderflut kraft einer beeindruckenden, gewissermaßen enzyklopädischen Sammlungs- und Ordnungstätigkeit stellt. ›Kunst und Leben‹, so der Titel seines 1999 erschienenen Fotoromans, sind nun verwoben.7 Als Überleitung dazu darf sein ›Exkurs über das Reisen‹ von 1991/92 gelten, für den er selbst gelegentlich die Rolle von Kunstfiguren einnahm (was v.a. über begleitende Texte deutlich wird).8 Im Titel ›Exkurs‹ klingt die oben angedeutete Erweiterungsmöglichkeit des fotografischen Bildes als Hang zur unvorhersehbaren, episodischen Ausschweifung bereits an. Die Reise als Metapher für Welt- und Selbsterfahrung involviert Szenarien von Obsessionen, von Geschichte(n) und über den Zyklus des Lebens und Vergehens.

PETER DRESSLER, Aus der Serie ›Business Class‹, 1996. Silbergelatineabzug, 32 x 22,9 cm, Bundessammlung, Kat. S. 223

Als stets vornehm gekleideter Akteur führt Peter Dressler in seinen Bildsequenzen spezifische Verhaltensweisen vor, ohne deshalb die dargestellten Typen als Sozialstudien zu fassen. Denn Handlungsauslöser, sowohl als Anregung für Dresslers Arbeit wie auch für den Inhalt seiner visuellen Geschichten, sind vornehmlich jene Orte, die Dressler durch Zufall entdeckt oder zur Verfügung gestellt bekommt: die sonderbare Wohnung eines kurz zuvor verstorbenen Tierarztes (›Bleibende Werte‹, 1997);9 eine für Werbeaufnahmen als Tenniscourt gestaltete Historismushalle (›Tie Break‹, 1996) oder ein Düsseldorfer Hotelzimmer der titelgebenden ›Business Class‹ (1996, publ. Edition Fotohof, Salzburg 2002). Das sukzessive Demontieren und Einpacken von Badezimmerarmaturen, Bettwäsche und Beleuchtungskörpern, bei dem ›der Vielreisende‹ hier gezeigt wird, steht für ›ein nicht mehr kontrollierbares Triebfenster‹, ausgelöst durch ›Hassliebe‹ (Dressler) zum standardisierten Wohnen im Hotelzimmer. Wesentlich für diese Verhaltensweise ist der Eingriff in ein vorgefundenes Szenario, der zwar nicht irreversibel, aber doch extremer als das weitverbreitete Mitnehmen von Seife oder Handtuch ist. Dresslers skurrile Fotosequenzen entspinnen sich häufig um den physischen Umgang mit gewachsenen (Raum-)Ensembles, die in ihrer Spezifik oft weit mehr als eine Geschichte erzählen. Haptische Berührung oder Inbesitznahme als zwanghafte Grenzüberschreitungen (in ›Aus unmittelbarer Nähe‹ nimmt etwa ein Privatsammler ›Ausbesserungen‹ an seinen wertvollen Barockgemälden vor) sind für Dressler Ausdruck allgemeinerer gesellschaftlicher Phänomene, letztlich für die ›Nichtbeherrschbarkeit des Wirklichen‹.

SILVIA MICHELI, Aus der 11-teiligen Serie ›please do not tell anybody‹, 2003. C-prints auf Aluminium, je 22 x 15 cm, Bundessammlung, Kat. S. 226/227

Seit 2003 produziert Silvia Micheli Bildessays (wie etwa ›please do not tell anybody‹ als ersten dieser Art), die ebenfalls häufig an Orten mit sehr dichter Atmosphäre entstehen. Sie bedient sich verschiedener Erzähltempi und -modi; es gibt poetischere, elliptische Abfolgen oder zielgerichtetere, filmisch ablaufende. Die Bildfolgen vermitteln aber nur selten einen nacherzählbaren Plot, denn ihre narrative Struktur rekurriert oft auf Erinnerungen; also individuell gespeicherte, vergangene Geschehnisse oder emotionale Zustände, deren Komplexität sich nicht nur in der Dauer ihres Erlebens, sondern eben auch in einer späteren Erinnerung daran entfaltet, die nicht nach einer linearen Chronologie strukturiert sein muss. Damit funktionieren die Bilder wie Zeilen eines Gedichtes: zwar in einer bestimmten (Lese)Richtung und nach einem Rhythmus gereiht, ohne aber unbedingt zu einem narrativen Ergebnis zu führen; stattdessen ermöglicht es ein genau bemessener Abstand zwischen den Einzelbildern, den entstehenden Raum imaginativ zu füllen. In die einzelnen Bilder wird man über Repoussoiremotive, verhangene oder gerahmte Durchblicke geführt (bei ›please do not tell anybody‹ sind die weit nach hinten fluchtenden Fußböden einem bewusst niedrigen, kindgerechten Kamerastandpunkt verpflichtet). Als Akteurin zeigt uns Micheli allerdings vor allem ihren Rücken, ihr abgewandtes oder verhülltes Gesicht – sie verlässt ihre Bühne auf viele, auch metaphorische Weisen, mitunter auch ganz prosaisch mit symbolträchtig gepacktem Koffer. Obwohl als zentrale Motive ihrer Darstellungen Resignation, Trauer, Isolation, Verletzung und Abschied lesbar sind, kommen Michelis Aufführungen ohne Pathos aus, denn sie verzichtet auf schauspielerische Attitüden. Es handelt sich jedes Mal unverkennbar um sie selbst, in ihrer auch privat getragenen Kleidung – und doch gehen ihre narrativen Szenarien weit über Selbstdarstellung hinaus.10

SISSI FARASSAT, Aus der Plakat-Serie, 1997–98. Laserprint, 30 x 42,2 cm, Bundessammlung, Kat. S. 361

Bei Sissi Farassats Plakatserie, die sie über die Dauer eines Jahres allmonatlich in ihren Wiener Stammlokalen sowie an anderen Orten affichierte, fungierte der ausgedehnte Raum der Öffentlichkeit als Thema wie auch als Wirkungsfeld mit. Mittels dieser Werbekampagne in eigener Sache trat sie mit ihrem Publikum buchstäblich in einen Dialog: Reaktionen auf einzelne Motive führten mitunter zu den nächsten Sujets bzw. ironischen Textinserts (›sissi farassat ist ein hochstapler‹, ›dieses plakat kostet sie geld‹ oder ›fragen sie jemand anderen‹, ›ich, ich, immer ich‹). Die Themen von Farassats Fotoarbeiten sind oft von ihrem Leben und ihrer Familie (Reisen, Hochzeit ...) geprägt und in den meisten Fällen ist sie selbst ihr einziges Modell; trotzdem ist das Feld der Identitätskonstruktion oder der Repräsentation von Individualität nicht ihr Problem, sondern lediglich ein impliziter Aspekt ihrer Arbeit über Fragen von Intimität und Distanz. Ein wichtiger Hintergrund ist wohl ihre frühere Beschäftigung mit kommerzieller Modefotografie; abseits des genretypischen Mainstreams entwickelte sie hier durch Arrangements in alltäglichen Kontexten eine Art inszenierter Schnappschuss-Ästhetik. Ein Spiel mit den Determinanten von Situationen, Genres, Rollen und Dress Codes bestimmt jedenfalls auch ihre künstlerische Arbeit. Farassats bislang meist beachtetes Projekt ist die Herausgabe der Mini-Fotozeitschrift SIOSEH mit eigenen und verwandten Arbeiten, meist aus den (auch nur vorgeblichen) Genres Porträt, Mode- und Reisefotografie. ›So wie populäre Bildgattungen, etwa der Comicstrip, von der Überschreitung des Einzelbildes (...) leben, so kann SIOSEH auch als Bildgeschichte gelesen werden, die die Konturen der einzelnen Arbeiten übergehen lässt in die anderen, die beim Umblättern der assoziativen Verbindung Raum lässt‹.11

DIE DAMEN, Aus der Serie ›Die Damen präsentieren ihre Zukunft‹, 1990, Print 1996. Farbfotografie, 38,5 x 51,7 cm, Bundessammlung, Kat. S. 233

Eine Position, die als einzige Tableaux vivants im engen Sinne inszenierter Fotografie verwirklicht, nehmen Die Damen ein. Ihr Kalender, der unter dem Titel ›Die Damen präsentieren ihre Zukunft‹ geführt wird, entstand als Auftragswerk der Austria Tabakwerke und wirbt für österreichische Zigarettenmarken. Neben Rauchwaren – die hier allerdings meist als zweckentfremdete Requisiten auftreten – propagieren diese Blätter aber auch noch andere Inhalte, und zwar vor allem die Agenden der Damen, einer 1987 gegründeten und bis in die Mitte der 90er aktiven ›Performancetruppe, deren Auftritte und Aktionen im Zeichen eines federleichten, spöttischen Feminismus standen‹.12 Ein Spektrum aus der Geschichte weiblicher Rollenklischees wird in ironischer Überzeichnung vorgeführt, wie die spärlich bekleidete, missmutig werkelnde Hausfrau, die juwelenbehängte Femme fatal im edlen Doppelbett, das Jahrhundertwende-›Naivchen‹ mit weißer Spitzenbluse auf einer Prater-Rutsche, die schicke Kriminelle im Stil der 60er Jahre oder die kühle Museumskuratorin im schwarzen Businesskostüm der 80er. Diese Rollen verkörpern jedes Mal alle vier Protagonistinnen, jeweils in typgerecht akzentuierten Kostümvarianten gekleidet, wodurch die aufwendiger arrangierten Tableaus an vielfigurige niederländische Sittenbilder erinnern. Mitunter verwendeten Die Damen Fotografien aus früheren Aktionen und brachten ihre Konzepte damit noch nachdrücklicher ins Spiel. So wurden mittels unverhohlener Mehrfachverwertung einzelner (Bild-)Ideen, die man teils durch das Einmontieren neuer Bildteile adaptierte, und einer Strenge in der Verwirklichung von kollektiver Autorschaft, die dieses Prinzip bereits selbst wieder parodiert, Bedingungen des Kunstbetriebs offen gelegt.13

1  Der Begriff Szenario erfährt gegenwärtig eine Hochkonjunktur in der Pädagogik (als Konzept eines Unterrichts- oder Ausbildungsprojektes), in der strategischen Unternehmensplanung (als Analyse- und Prognoseverfahren), in der Computerprogrammierung (als Ansatz zur Beschreibung des Verhaltens von Softwaresystemen) oder im Rahmen der qualitativen Marktforschung (als eine projektive Befragungsmethode).

2  Dazu siehe Mara Reissberger, ›Das Lebende Bild und sein ›Überleben‹. Versuch einer Spurensicherung‹, in: Fotogeschichte, Heft 51, Jg. 14, Marburg 1994, S. 3–18; sowie Tableaux Vivants. Lebende Bilder und Attitüden in Fotografie, Film und Video. Kat. Kunsthalle Wien, hg. v. Sabine Folie u. Michael Glasmeier, Wien 2002.

3  Vgl. True Fictions. Inszenierte Fotokunst der 1990er Jahre, Kat. Kunsthaus Dresden 2002 – dort meint der Terminus ›inszenierte Fotografie‹ ausschließlich ›Fotowerke, bei denen das Bildmotiv eigens für die Aufnahmen arrangiert und konstruiert wird‹; im Unterschied zur hier vertretenen Auffassung wird also entlang eines diametralen Gegensatzes von gefundenen (modernen) und erfundenen (postmodernen) Szenarien argumentiert.

4  Carl Aigner betont anhand dieser Arbeiten auch die wichtige Rolle der Fotografie als ›Relais der Übersetzung, Koppelung und Umbildung (...) im Prozess der Kulturalisierung von Natur und der Naturalisierung von Kultur‹; er beschreibt, wie in Iglars Bildern ›das Natürliche und Kultürliche nicht immer eindeutig zu dechiffrieren‹ sind und damit ›jedes präphotographische Faktum zu einem photographischen Fiktum‹ wird. Carl Aigner, ›Photo-Gen. Zur Imagerie photographischer Einbildungskraft‹, in: Rainer Iglar, Arkadien. Fotografien / Arcadia. Photographs, Salzburg 1991, S. 3.

5  Die berühmteste Beschreibung dieses Effektes – besonders auch in seiner ›Unberechenbarkeit‹ – findet sich im Rahmen von Roland Barthes’ punctum-Passagen. Vgl. Roland Barthes, Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie, übersetzt von Dietrich Leube, Frankfurt 1985, S. 60, 66.

6  Otto Hochreiter, ›Nachbemerkung‹, in: Paul Albert Leitner, Weltverwirrung. Fotografien 1987/88, Kat. Österr. Fotoarchiv im Museum Moderner Kunst Wien, Wien 1989, S. 45.

7  Paul Albert Leitner, Kunst und Leben. Ein Roman. Ein fotografischer Zyklus in 20 Kapiteln. Mit einem Text von Gerald Matt, hrsgg. von Rainer Iglar und Michael Mauracher, Salzburg (Fotohof Edition, Band 15) 1999; siehe dazu auch das ausführliche Interview unter http://fototapeta.art.pl/2003/pal-d.php

8  Paul Albert Leitner, ›Exkurs über das Reisen 1991 ff.‹, in: Eikon, Heft 16/17, Wien 1995, S. 13–21. Hier publiziert Leitner auf Doppelseiten etwa 40 ›Reisebilder‹ als dichten Bilderfries sowie tagebuchartige Textcollagen, um ein ›vorüberziehendes Kaleidoskop zu schaffen (...), das am Genre der Road-Movies Anleihe nimmt‹.

9  Andrea Domesle, ›Peter Dressler. Die Rache der Dobermänner‹, in: Eikon, Heft 38, Wien 2002, S. 32ff.

10  ›Sind das nun Selbstporträts oder spielt uns die Künstlerin hier etwas vor?‹ beginnt etwa ein Text von Daniela Billner, ›Silvia Micheli, Bilder aus der Serie ›i am sorry, i can’t stay here any longer‹‹, in: Camera Austria, 88/2004, Graz, S. 62f. Vgl. auch einen Text von Ana Berlin in: Sissa Micheli, keep it secret, Kat. Galerie Foto-Forum, Bozen 2005, S. 9.

11  Anton Holzer, ›Sissi Farassats Fotozeitschrift mit Ablaufdatum‹, in: Wiener Zeitung, April 2001.

12  Brigitte Huck, ›Die Damen. Women’s Work is Never Done‹, Folder zum Plakatprojekt von museum in progress und Arbeiterkammer Wien, Wien 2004. Der Gruppe gehörten bei der Gründung 1987 Ona B., Evelyne Egerer, Birgit Jürgenssen und Ingeborg Strobl an.

13  Ihre Reise zur Biennale in Ankara konzipierten Die Damen durchgehend als Setting für eine Reihe von Fotoinszenierungen (wie immer fotografierte Wolfgang Woessner), die Publikation erfolgte als Fotoroman in Form eines Hochglanzmagazins. Die Rückseite des Magazins zeigt Die Damen in einer Badewanne stehend, im Vordergrund steht ein Riesenaschenbecher; durch die Überschrift ›SMARTFORUM international‹ wird auf eine bekannte New Yorker Kunstzeitschrift angespielt; dasselbe Motiv wirbt im Kalender für die Zigarettenmarke SMART.